Schreiben ist für mich ein «feu sacré», ein inneres Feuer. Meine Inspiration ziehe ich aus meinem persönlichen Hoffen und Ringen in der Gottessuche. Kraft bei dieser Suche geben mir poetische, mystische und biblische Texte, inspirierende Kinofilmmomente – und auch die Überzeugung, dass Spiritualität dazu da ist, zu befreien und nicht einzuengen. Erst wenn die spirituelle Dimension des Alltags erkannt ist, dann wird mein Leben kostbar.
Der Drang zur steten Auseinandersetzung mit dem Glauben liegt in meinem ganz persönlichen Weg begründet, der Zeit meines Lebens im Kräftefeld von einem offenen, ökumenischen Christentum und persönlicher Entfaltung stand. In persönlichen Krisen und Wendepunkten wurde mir klar, dass nur ein persönlich gestalteter Glaube Halt und Geborgenheit gibt.
Geradlinigkeit auf verschlungenen Wegen
Ich bin 1953 in Hägglingen/Aargau als jüngstes Kind von Erna und August Stutz-Saxer geboren und mit drei Geschwistern aufgewachsen. Mein Weg war seit der Jugend kirchlich geprägt, und mit 20 Jahren trat ich als Novize in den Orden der Frères des Ecoles Chrétiennes (Christliche Schulbrüder) ein. Nach Theologiestudium in Luzern und Arbeit als Jugendseelsorger im Fricktal und in Zürich durfte ich als Dozent am Katechetischen Institut der Theologischen Fakultät in Luzern wirken. Eine sechsjährige Ausbildung im Sozialtherapeutischen Rollenspiel in München stärkte meine Persönlichkeit. Eine Bilderbuch-Karriere? Ja und Nein.
Denn mein Suchen führt mich weiter: Zusammen mit Gleichgesinnten gestaltete ich die Abbaye de Fontaine-André als «offenes Kloster» – eine Gemeinschaft von Frauen und Männern, auch verheirateten, die miteinander Spiritualität im Alltag suchen und leben. Während 12 Jahren war ich Mitredakteur der spirituellen Fotozeitschrift ferment. Nach 17 Jahren als Priester legte ich im Sommer 2002 mein Priesteramt nieder und bin nach Lausanne gezogen. Seit 2003 bin ich mit meinem Lebensgefährten Harald Weß zusammen, wir sind verheiratet und wohnen in Osnabrück.
Augenöffner und Wegbegleiter
Bis heute sind aus dieser Auseinandersetzung mit einer Spiritualität, die Meditation und Engagement nicht trennt, über 40 Bücher entstanden. Insgesamt mehr als 1’000’000 verkaufte Exemplare und Übersetzungen in sechs Sprachen zeigen mir, dass mein persönliches Suchen ein Phänomen ist, das viele Menschen teilen. Auch die große Resonanz auf meine Vorträge und Kurse ist ein Zeichen für die Sehnsucht nach einer geerdeten und befreienden Spiritualität. Ich freue mich, dass ich bei der Suche nach einem authentischen Leben als Augenöffner und Wegbegleiter dabei sein darf.
Die Herbert Haag Stiftung in Luzern, die Personen und Institutionen auszeichnet, die sich durch ihre freie Meinungsäusserung und mutiges Handeln in der Christenheit exponieren, verleiht mir den Herbert Haag Preis 2020.